Mittwoch, 14. November 2012

PLANETARY Warren Ellis' Superhelden-Archeologie im 20ten Jahrhundert

Warren Ellis schreibt sich regelmässig die Seele aus dem Leib. Von durchgeknallten Superhelden für Marvel (NEXTWAVE) bis zu nicht weniger durchgeknallten Zukunftsjournalisten (TRANSMETROPOLITAN) findet er immer wieder neue Impulse um der Popkultur einen neuen Kinnhaken zu verpassen. Ab und zu schlägt er auch mit guten Ideen irgendwie doch daneben (MEK) oder lässt durchschnittliches Material aufmotzen zu einem All-Star-Cast FunMovie (RED).

Mit PLANETARY, deren Serienabschluss mit 3jähriger Verzögerung erschien, hat er damals jedoch seine persönliche Latte so hoch gelegt, dass es ihm in seinem Leben wahrscheinlich nicht mehr gelingen wird, sich selber einzuholen. Denn mit PLANETARY wollte er das Superheroes-Genre neu erfinden und hat es auch geschafft.

Normalerweise widmen sich die Superhelden jeweils einander. Die persönlichen, soapigen Beziehungen halten die Serien seit über 50 Jahren am Leben. Somit sind es immer die aktuellen Bezüge innerhalb des Helden-Weltbildes, welche der Motor für die aktuelle Geschichte ist. PLANETARY geht einen völlig anderen Weg. Die drei Helden sind "Archeologists of the Impossible" mit ihrer sehr klaren Aufgabe, die Welt so seltsam zu halten, wie sie eh schon ist. It's a strange World, let's keep it that way. Das spannende dabei ist die Form der Archeologie. Denn in dem sehr offen gewählten Universum hat die Popkultur seit über 100 Jahren gewütet. Godzilla, Tarzan, Hulk, Superman oder Green Lantern waren alle da und haben Spuren hinterlassen. Und so geht man als Leser selber auf Spurensuche und erkennt hinter jedem Eck wieder eine neue bekannte Figur, welche gerade so stark verändert wurde, dass es kein Copyright-Problem gibt. Durch die ikonische Haltung vieler der Original-Charaktere, sind die Querverweise jedoch sehr offensichtlich.

Wie bei einer guten Mystery-Serie stehen die ersten paar Ausgaben komplett für sich, jeweils mit einer abgeschlossenen Geschichte. Doch im Hintergrund spinnen sich Fäden zusammen zu einem BigPicture. Und auch wenn sich diese Geschichte dann sehr klassisch erzählen liesse, setzen die einzelnen Funde jeweils die eigenen vergangenen Geschichten im Kopf des Lesers frei. Gepaart mit den unglaublich detailverliebten aber dennoch klaren Bildern des Zeichners John Cassaday taucht man ein in eine Welt, welche man eigentlich als Comic-Leser seit Jahren kennt. Und endlich wird man ernstgenommen, wird dass Wissen abgefragt, dass man sich über Jahre ansammelte. Und wenn dann in der letzten Ausgabe noch kurz die Grundidee der Zeitreise revolutioniert wird, treibt dies nur noch Tränen des Glücks...

PLANETARY war mit 27 US-Heften abgeschlossen und kam in 4 Sammelbänden nochmals raus. Die Spin-Offs sind ausser dem einten mit Batman eher mau. Es gibt auch noch eine Luxusedition im Grossformat in zwei Bänden.

PLANETARY ist Comic-Popkultur in Reinform! Have Fun!